Adidas, Nike oder Hoka One One: Absurde Sportwelt – Joggen in Strapsen – geht es noch blöder? | Tages-Anzeiger

2022-08-13 04:09:19 By : Ms. Jojo Wu

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Sportmode ist Geschmacksache, und darum ist die Liste der Beispiele von absurden bis unbrauchbaren Textilien länger als ein Laufsteg. Doch Sportartikelhersteller Adidas stellt dieses Jahr in dieser Hinsicht alle in den Schatten.

Neu in seinem Laufsortiment für Frauen bewirbt er die Two-in-one-Leggings, Leggings also, die frau sowohl lang als auch kurz tragen kann. Was gerade für die Übergangssaison sehr praktisch klingt, sind in Wirklichkeit nichts anderes als Strapse – und sieht exakt so aus. 

Daraus macht der Hersteller auch keinen Hehl und schreibt: «Die Riemen sind von Lingerie inspiriert.» Doch was auch immer sich die Designer und Designerinnen dabei gedacht haben, sie sind damit sicher nicht testhalber durch die Strassen einer Grossstadt gejoggt oder auf Inlineskates über Land gefahren.

Sie hätten dann sehr schnell festgestellt, dass sie in diesem Outfit – zu dem ein ebenfalls mit Riemchen verbundenes Top gehört – auffallen. Das ist per se ja nichts Schlimmes. Doch die Blicke, die eine Sportlerin mit diesen Leggings erntet, degradieren sie zum Objekt. Geradezu höhnisch klingt da der Produktbeschrieb, in dem es heisst, der Schnitt der Leggings «verleiht nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch optimale Bewegungsfreiheit».

Adidas verkauft die Leggings mit dem Slogan «Gemacht für die Ewigkeit» und dürfte damit recht bekommen – wenn auch ganz anders als gedacht.

Die Laufschuhbranche hat ein Problem: Die Zahl an Läuferinnen und Läufern ist endlich. Wie also an der Absatzspirale drehen – Nullwachstum ist offenbar keine Option? Indem die eigenen Schuhe für immer neue Konsumentengruppen erschlossen werden. Also buhlen Laufschuhhersteller wie Nike mittlerweile intensiv auch um Wanderer und Wanderinnen. 

Die US-Firma Hoka One One, bekannt geworden für supergedämpfte Laufschuhe im Ultrarunning-Bereich, hat diesbezüglich wohl das absurdeste Modell auf den Markt gebracht: den Tennine Hike GTX – mit einer Monstersohle, die wie von einem fremden Planeten erscheint. 

Natürlich sind die inneren Werte des Tennine entscheidend, und da geben ihm die Tester ein «gut». Nur reicht das nicht, um die meist eher konservative Wandergilde zu überzeugen. Da wird ein Brüllaffen-Wanderschuh schnell mal zum Ladenhüter, vor allem, wenn er gar noch im absolut unpraktischen Weiss verkauft wird.

Absurd ist darum auch der zweite Dreh der Branche, wie sie Wanderschuhe auflädt: als schicke, weisse Freizeitschuhe. Fast alle grossen Marken führen sie mittlerweile. Doch ganz ehrlich: Wer will ein solches Schiff in der Stadt spazieren führen?

Es gibt Sportgeräte, die sind so einfach und clever, dass kein Fortschritt sie besser machen kann. Ein Beispiel dafür ist das Springseil. Doch heute, wo jeder denkbare Alltagsgegenstand «wireless» sein muss, kamen Produktentwickler auf eine bizarre Idee: Sie machten auch das Springseil schnurlos – und damit sinnlos. 

Denn der Zauber des so einfachen Sportgeräts besteht gerade im Seil. Erst dadurch feilt die Sportlerin nicht nur an ihrer Kraftausdauer, sondern en passant auch an ihrer Koordination und ihrem Rhythmusgefühl.

Klar, mit der seillosen Variante verheddert sich nie wieder ein Sportler im Seil, und das Hüpferzählen übernimmt der in den Griffen eingebaute Computer. Doch ginge es tatsächlich lediglich ums Hüpfen, kann sich jeder getrost das Geld für die schnurlose Version sparen und einfach auf der Stelle in die Luft springen. Das ist gar gratis!

Zu Gegenständen, welche die Sportwelt nicht braucht, trägt auch Golf-Profi Bubba Watson bei (zusammen mit Brillenhersteller Oakley). Der Amerikaner baute einen Golfwagen so um, dass er damit übers Wasser, über Sand oder Gras gleiten kann. 

Kommerziell sollte der Hovercraft nie angeboten werden. Doch weil sich umgehend ein paar solvente potenzielle Kunden meldeten, ging das Ding in Produktion. Für 58’000 Dollar kann er nun gekauft werden. Selbst für reiche Golfer aber scheint das Gefährt zu absurd zu sein. Es ist nie durchgestartet.

Watson legte (wieder mit Oakley) trotzdem nach: mit dem Jetpack. Mit ihm kann man gar von Loch zu Loch fliegen. Gerade die Vogelperspektive ermögliche es, sein Spiel perfekt zu antizipieren, schwärmte Watson. Er irrte: Angeblich 250’000 Dollar teuer, schaffte es das Spielzeug für Reiche bislang nicht in die Serienproduktion.  

Um den Ursprung des «Sports» Ehefrauentragen ranken sich viele Legenden. Eine besagt, dass einst eine Gaunertruppe auf ihren Raubzügen nicht nur wertvolle Gegenstände mitlaufen liess, sondern auch Frauen. Die Schurken sollen sie auf ihrer Flucht geschultert haben. Geht es nach einer anderen Geschichte, bediente sich dieselbe Truppe ihrer Frauen im Training, um stärker zu werden und mehr Diebesgut schleppen zu können.

So oder so, dieser Sport wird heute noch in einigen Ländern praktiziert, etwa in Finnland und Estland. Wer nun glaubt, dass es sich dabei um so etwas Profanes wie ein Saufspiel handelt, irrt. Denn: Regelmässig finden in dieser Disziplin auch «Weltmeisterschaften» statt – so richtige, mit viel Publikum, Fressbuden und Schaustellern.

Dabei ist den Teams freigestellt, wie der Mann seine Partnerin buckelt. Er kann sie huckepack tragen, sie à la Feuerwehrmann schultern, oder sie legt sich kopfüber an seinen Rücken und schlingt die Beine um seinen Nacken.

Die Teams müssen so nicht nur bestimmte Distanzen zurücklegen, sondern dazu auch noch Hindernisse überwinden oder Wassertümpel durchqueren. Die Frau muss dabei mindestens 49 Kilogramm wiegen. Schwerer heisst aber nicht unbedingt schlechter, denn: Dem Sieger (!) winkt das Gewicht seiner Partnerin in Bier umgerechnet. Der Spass soll lustig sein, ist aber in dieser eindimensionalen (Geschlechter-)Variante primär: aus der Zeit gefallen.

Sportmode darf sexy, frisch, frech und bitte auch mal witzig sein. Doch mit Humor ist das halt so eine Sache  – und das gilt gerade für witzig gemeinte Sportmode. Während mancher Schriftzug auf Radtrikots oder Laufshirts von Wortwitz zeugt, verdient dieses Badekleid nicht mehr als die Bezeichnung Kalauer. 

Und für einen schlechten Scherz hat es einen stolzen Preis: Der Einteiler kostet rund 45 Dollar. Übrigens gibt es davon auch Pullover, T-Shirts und Tanktops. Die miese Pointe? Die Produktlinie heisst «Sexy Chest» (sexy Brust).

Laufschuhhersteller drängen ins Trekkinggeschäft. Sie verändern das Traditionsprodukt Wanderschuh fast bis zur Unkenntlichkeit.